Auf den Spuren des alten Frankfurt

Abseits der bekannten historischen Frankfurter Sehenswürdigkeiten wie Römerberg, Dom und Paulskirche bietet sich mit einem Spaziergang durch die Wallanlagen eine interessante und bei den meisten Besuchern kaum bekannte Alternative des Sightseeings an. Die wuchtigen Befestigungsanlagen wurden Anfang des 19. Jahrhunderts von den Stadtplanern geschleift und die ehemaligen Wassergräben verfüllt. Heute laden großflächige Wiesen und mächtige alte Bäume zur Erholung in Frankfurts grüner Oase. Aus der Vogelperspektive betrachtet bilden die Wallanlagen einen halbkreisförmigen Ring um die City, dem Stadtgebiet bis zum Beginn der rasanten Erweiterungen im Zuge des Industriezeitalters. In den spitz zulaufenden Ecken der Parks ist noch der Grundriss der ehemaligen Bastionen erkennbar. Für den kompletten Weg habe ich zwischen 2 und 3 Stunden veranschlagt, je nach Kondition und Interesse.

Bis zum Juni 2000 waren viele Straßen entlang des Anlagenrings einmal im Jahr Schauplatz eines riesigen Events: Seinem Verlauf folgte die 5,6 Kilometer lange Strecke des Chase Corporate Challenge. Die weltgrößte Laufserie für Freizeitsportler aus Unternehmen, bestehend aus Einzelläufen in London, New York, Chicago, Sydney und 12 weiteren Städten, erreichte jedoch mit 24000 Startern ein Limit, welches auf dieser Strecke nicht mehr bewältigt werden konnte. 2001 wurde ein neuer Verlauf über die Messe und Bockenheimer Warte gewählt, was ein Rekordstarterfeld von damals über 40000 ermöglichte – bis 2007 steigerte sich die Teilnehmerzahl nochmals bis auf über 67000 und gilt seit mittlerweile drei Jahren als größte Laufveranstaltung der Welt! Soweit die persönliche Anmerkung des regelmäßig startenden Autors – ich bitte um Verständnis und komme nun zurück zum Thema ...

•Untermainanlage
Wir beginnen unseren Rundgang am westlichen Ende des Rings, der Untermainanlage, welche sich direkt an den Nizza-Park, einem jüngst wunderschön gestalteten Abschnitt des Mainufers anschließt (siehe dazu auch meinen Beitrag „Das Nizza im alten Glanz“). Am Untermainkai, der oberhalb des eigentlichen Ufers verlaufenden, stets stark befahrenen Durchgangsstraße, steht ein kleiner Pavillon, welcher bis vor wenigen Jahren noch ein chinesisches Restaurant beherbergte und kürzlich in einen der in Frankfurt eher seltenen großzügigen Biergärten umgewandelt wurde. Das eigentlich Interessante daran ist der Grindbrunnen in einer schäbigen kleinen Nische in der Mitte des Gebäudes, ein Jugendstilkleinod von 1921. Zu dieser Zeit war die Pumpenkonstruktion noch in einem aufwendigen Brunnenbau mit Treppenaufgang aus rotem Sandstein integriert. Aus dem Hahn floss schwefelhaltiges Quellwasser, welches gegen allerlei Beschwerden getrunken wurde. Erst kürzlich wurden bei den Ausschachtungsarbeiten für die Erweiterung der Dresdner Bank-Zentrale in der Gallusanlage die Quellen wiederentdeckt, die einst den Grindbrunnen speisten. Seitdem rümpfen die an der Baugrube des Gallileo-Turms vorbeieilenden Passanten die Nase, da das nach faulen Eiern riechende Wasser permanent abgepumpt werden muss. Von der eigentlichen Untermainanlage ist derzeit nichts zu sehen: Sie fiel dem Bau einer Tiefgarage für das benachbarte Schauspielhaus zum Opfer und soll erst nach Abschluss der Arbeiten wieder neu entstehen.

•Gallusanlage
Erst in Höhe der Europäischen Zentralbank wird mit dem Beginn der Gallusanlage wieder Grünflächencharakter erkennbar. In das Tiefgeschoss des ehemaligen BfG-Hochhauses wurde ein riesiges futuristisches Restaurant mit Bar und Erlebnisgastronomie eingelassen: Living Bar Restaurant XXL. (mein Beitrag „Wenn der Chef bezahlt...“). Die Kaiserstraße, einst zu Ehren des Besuchs von Wilhelm II. umbenannter Prunkboulevard zum damals noch außerhalb der Stadt liegenden Hauptbahnhof beeindruckt auch heute noch mit prachtvollen, vollständig erhaltenen Gründerzeitfassaden und zerschneidet die Gallusanlage in zwei Teile. Auf der anderen Seite stand bis 2007 das Denkmal des bekanntesten Frankfurters: Johann Wolfgang von Goethe – Dichter, Naturforscher, Minister und Universalgenie. Die auf einem mächtigen Sockel ruhende, mit grüner Patina überzogene Bronzestatue ist zusammen mit dem Römer, der rekonstruierten Fachwerk-Ostzeile und dem Goethehaus das wohl beliebteste Fotomotiv japanischer Reisegruppen und wurde mittlerweile nach umfassender Restaurierung an ihrem ursprünglichen Ort auf dem Goetheplatz wieder aufgestellt.

•Taunusanlage
Der Name der nächsten Straße, Taunustor, erinnert uns daran, dass wir dem Verlauf einer ehemaligen Stadtmauer folgen und soeben einen der Eingänge passiert haben. Am Beginn der gleichnamigen Anlage steht Friedrich Schiller auf einem wuchtigen schwarzen Granitsockel und könnte aufgrund seiner enormen Ausmaße durchaus für Goethe gehalten werden, wenn man nicht genau auf die Inschrift an seinem Fuß achtet. Ich wette, dass er in diversen japanischen Fotoalben unter falschem Namen auftritt ... Im weiteren Verlauf der Taunusanlage kommen wir an einer mit Stühlen, Bänken und Pergolas gestalteten Senke vorbei, welche noch bis in die frühen 90er Jahre hinein als zentraler Treffpunkt der Frankfurter Drogenszene auserkoren war. In den späten Nachtstunden standen und lagerten dort zeitweise mehr als 1000 Junkies und Dealer gleichzeitig und auch am Tage machte der Normalbürger einen großen Bogen um das Terrain. Interventionen der umliegenden Großbanken ließen die Frankfurter Polizei zu zweifelhaften massiven Verdrängungsmaßnahmen greifen, mit dem „Erfolg“, dass sich die Drogenszene in all ihren Facetten nun vom Bahnhofsviertel bis über die Einkaufsstraßen der Innenstadt verstreut und kaum noch kontrollierbar ist. Heute ist von all diesen Auseinandersetzungen und dem menschlichen Elend an diesem Ort nichts mehr zu spüren. Der Weg wird unterbrochen von einer tiefer gelegten Brunnenkonstruktion, welche ebenfalls wie der Gedenkstein einige Meter weiter dem Initiator der Nachkriegshilfe für Deutschland und Europa, George Marshall, gewidmet ist. Die Bronzefiguren stellen die Allegorien für Geben, Nehmen und Danken dar.

•Opernplatz

Alte Oper (1880 erbaut, 1944 zerstört, 1981 wiedereröffnet)
Alte Oper (1880 erbaut, 1944 zerstört, 1981 wiedereröffnet)

Die Anlage mündet auf dem Opernplatz, dem einzigen größeren Platz in Frankfurts City, dem ich so etwas wie Metropolencharakter zuschreiben würde – Plätze wie die Konstabler Wache sind zwar groß, aber gesichtlos: In der Mitte der Lucaebrunnen aus hellem Granit, der vor allem in der warmen Jahreszeit zum Treffpunkt der Flaneure avanciert, an besonders heißen Tagen von übermütigen Erwachsenen und kleinen Kindern gerne zum Vollbad missbraucht wird und in den sich gelegentlich auch mal verirrte Entenpaare niederlassen. Nach den letzten glorreichen Erfolgen der deutschen Nationalmannschaft 1990 und 1996 (lang ist’s her) mussten siegestrunkene, aber unvorsichtige Fußballfans nach unangenehmer Bekanntschaft mit Glassplittern durch Rettungssanitäter von der 2 Meter 50 hohen Fontäne geholt werden. Manchmal verschwindet Frankfurts größter Brunnen auch vollständig unter den Aufbauten eines Großereignisses, so zuletzt im Jahre 1999, als vor der alten Oper in einer monumentalen Freilichtinszenierung aus Sprechgesang, Tanz und Wasserfällen der 250. Geburtstag von Frankfurts berühmtestem Sohn gefeiert wurde. Die Alte Oper selbst geht auf eine Stiftung Frankfurter Bürger zurück und wurde 1880 im prunkvollen Hochrenaissancestil durch Richard Lucae errichtet. 1944 im Bombenhagel bis auf das Skelett der Außenfassade vernichtet, fristete die „prachtvollste Ruine Westdeutschlands“ bis in die 70er Jahre hinein ein jämmerliches Dasein zwischen Bauzäunen und wildem Gebüsch. Frankfurts damaliger Bürgermeister Arndt war strikt gegen einen Wiederaufbau und wollte sie lieber in die Luft sprengen, was ihm den legendären Beinamen Dynamit-Rudi einbrachte. Mit seinem Nachfolger Walter Wallmann bekamen die Bestrebungen nach Rekonstruktion den entscheidenden Befürworter. Der aufgrund einiger Verfehlungen umstrittene CDU-Politiker war übrigens auch für andere Wiederaufbauten wie der Fachwerkostzeile auf dem Römerberg verantwortlich: Damals noch als Zuckerbäckerarchitektur verurteilt – heute DAS Frankfurter Fotomotiv und als östlicher Abschluss des historischen Platzes nicht mehr wegzudenken. 1981 wurde mit der Neuen Alten Oper Frankfurts prachtvollstes Gebäude feierlich der Öffentlichkeit als Kultur- und Kongresszentrum zurückgegeben. Musicals, Konzerte, Tagungen, Hauptversammlungen, Ausstellungen und TV-Live-Sendungen finden hier heute statt – nur keine Opern mehr.

•Bockenheimer Anlage

Am ehemaligen Stadtbad Mitte (heute Hotel Hilton)
Am ehemaligen Stadtbad Mitte (heute Hotel Hilton)

Rechts vom Opernhaus führt uns der Weg erneut an herrlichen Gründerzeitfassaden mit vorgelagerten Straßencafés und Bistros vorbei in die Bockenheimer Anlage, welche seit ein paar Jahren auch der verstorbenen Volksschauspielerin Liesel Christ („Familie Hesselbach“) gewidmet ist. Auf der linken Seite stoßen wir nach einigen Metern auf einen klassizistischen Pavillon: Das Nebbiensche Gartenhaus. Der Verleger Marcus Johannes Nebbien ließ sich dieses vollständig erhaltene Kleinod 1810 von Salins de Montfort erbauen. Die Wallanlagen waren damals noch keine öffentliche Grünfläche, sondern im Privatbesitz, durften jedoch per Dekret nur als Gärten genutzt werden. Die beiden Brunnen links und rechts des Häuschens kamen erst in den 50er Jahren hinzu. Der verspielte italienische Renaissancebrunnen stammt aus dem Garten der Villa Waldfried des Carl von Weinberg in Niederrad. Im 19. Jahrhundert noch als Musterungslokal des preußischen Militärs genutzt, dient das Gartenhaus heute dem Frankfurter Künstlerclub e.V. als Ausstellungsort. Bald erreichen wir einen Weiher, an dessen östlichen Ende vor der denkmalgeschützten Schwimmhalle des ehemaligen Stadtbads Mitte (heute Bestandteil des Hilton Hotels) sich die berüchtigte „Haschwiese“ anschließt. Wie der Name schon vermuten lässt, traf sich die seit der Hippiebewegung entstandene Drogenszene einst auch hier und zwar bis in die 70er Jahre.

Nebbiensches Gartenhaus (1810)
Nebbiensches Gartenhaus (1810)

•Eschenheimer Tor
Hinter dem Hotel steht einsam und verlassen auf einer tosenden Hauptverkehrskreuzung der Eschenheimer Turm, das einzig verbliebene Frankfurter Stadttor, 1346 begonnen und zwischen 1426 und 1428 durch Dombaumeister Madern Gertener fertiggestellt. Der Legende nach soll hier der Wilddieb Hans Winkelsee auf den Galgen gewartet haben und sich mit dem tollkühnen Plan, eine Neun in die blecherne Wetterfahne an der Spitze des Turmes zu schießen, an den Stadtrat gewandt haben. Jeder Schuss war denn auch ein Treffer und man ließ ihn daraufhin wie versprochen frei. So lernt es zumindest jedes Frankfurter Kind in der Schule. Der wuchtige mittelalterliche Turm galt noch im 19. Jahrhundert als Schandfleck und entging nur knapp der Schleifung. Während des Krieges und auch danach war der Wohnraum in Frankfurt äußerst knapp, so dass auch dieses Gemäuer als Unterkunft für Ausgebombte diente. Heute befindet sich an seinem Fuß ein Lokal, dessen Turmzimmer für festliche Anlässe gemietet werden kann. Das ehemalige denkmalgeschützte Volksbildungsheim, einst Heimat des „TaT“ (Theater am Turm) an der Nordseite des Platzes wurde aufwendig entkernt und 2001 mit modernster Technik vollgestopft als Frankfurts erstes Multiplexkino „Cinestar Metropolis“ mit 12 Sälen und über 3500 Plätzen neu eröffnet.

Eschenheimer Turm (erbaut 1346-1428)
Eschenheimer Turm (erbaut 1346-1428)

•Eschenheimer Anlage
Auf der anderen Seite des Platzes stößt man in der Fortsetzung des Anlagenrings auf ein Denkmal aus hellem Stein von Philipp Reis (1834 – 1874), welches an die erste öffentliche Vorführung seiner Erfindung, dem Vorläufer des Telefons im Frankfurter Physikalischen Verein im Jahre 1861 erinnern soll. Rechts davon befindet sich in einer Bodensenke eine terrassenförmige Gartenanlage mit zahlreichen Sitzgelegenheiten. Wenige Meter weiter in Richtung Straße an der Ecke Blumenweg steht ein bemerkenswertes Wohnhaus, welches vollständig im ornamentalen Synagogenstil errichtet wurde: Mächtige Säulen und von orientalischen Reliefs umgebene Fenstergiebel schmücken dieses Werk. Auf ungefähr der gleichen Höhe des Parks, aber auf der gegenüberliegenden Seite an der Bleichstraße lohnt die Peterskirche mit dem gleichnamigen Friedhof für einen Abstecher. Es ist eine der ältesten Ruhestätten auf Frankfurter Gebiet (von 1454 bis 1828 belegt) und beherbergt die Grabstätten von Matthäus Merian d.J., Simon Moritz von Bethmann und Goethes Vater. Nach der Überquerung der Petersstraße fällt das Denkmal zur Erinnerung an Anton Kirchner (1779-1835), dem Stadtdekan und Geschichtsschreiber, der 1833 die Eröffnungspredigt in der weltberühmten Paulskirche hielt, dem Tagungsort der ersten deutschen Nationalversammlung, ins Auge. In Höhe der Eckenheimer Landstraße verengt sich der Weg, denn die U-Bahnlinie 5 tritt hinter unüberwindbaren Betonmauern ans Tageslicht. Nach der Überquerung der Mammutkreuzung an der Friedberger Landstraße erhält die Parklandschaft wieder einen deutlich einladenderen Charakter.

•Friedberger Anlage
Das Highlight in diesem Abschnitt des Rings ist zweifelsohne das Odeon, ein weißer Pavillon im klassizistischen Stil: Idyllisch an einem kleinen Weiher, in dessen Mitte sieben große Wasserfontänen gen Himmel schießen, liegt dieser ehemalige Tanzpalast der 20er Jahre auf einer kleinen Anhöhe und beherbergt heute eine gleichnamige Diskothek mit großzügigem Biergarten. Leider steht um das ringsum mit steinernen Fruchtbändern unter dem Sims verzierte Schmuckstück meist zu viel Gerümpel des Gatronomiebetreibers. Zwischenzeitlich war das Odeon ein Café und bekam später als Trendschuppen der Technobewegung vorübergehend den Namen „Plastic“ verliehen.

Odeon (1808)
Odeon (1808)

Auf der anderen Seite des Weihers steht ein zu Ehren des bereits erwähnten Simon Moritz von Bethmann errichtetes Denkmal von 1868. Der Bankier hatte sich zum politischen Wohle Frankfurts engagiert, sein Vater wurde zum Namensgeber des noch heute existierenden traditionsreichen Geldinstituts. Dass Frankfurt den Bethmanns viel verdankt, zeigt sich auch im Namen des gegenüber der Anlage am Eingang der Berger Straße liegenden Bethmann-Parks. Dieser besteht zu einem großen Teil aus einem in den 80er Jahren angelegten sehenswerten chinesischen Garten.

Chinesischer Garten
Chinesischer Garten

Einen eher witzigen Eindruck hinterlässt das Denkmal für Sebastian Rinz (1806-1861) dem Frankfurter Stadtgärtner: Er sitzt nichtstuend mit dem Stock in der Hand auf einem hölzernen Stuhl und macht ganz und gar nicht den Eindruck, dass er der Schöpfer der schönen Spazierwege des Anlagenrings war. Am Ende dieses Anlagenabschnitts kreuzen wir den oberen Teil der Zeil, Deutschlands längste und umsatzstärkste Einkaufsstraße (ob auch schönste sei mal dahingestellt) und unser Blick fällt unweigerlich nach links auf das inmitten des Straßenverkehrs stehende Uhrtürmchen. Vor dem Hintergrund des Zoogesellschaftshauses wurde dieses reich verzierte bronzene Schmuckstück mit dem Frankfurter Stadtwappen 1894 durch den Ostendverein gestiftet. Auf der anderen Straßenseite passieren wir ein im Fachwerkstil erbautes Gartenhäuschen und orientieren uns etwa in der Mitte der Anlage an einem großen Luftschutzbunker auf der linken Seite. Die Gedenkstätte auf dem kleinen Platz davor erinnert an die im Jahre 1907 errichtete größte Frankfurter Synagoge der israelitischen Gemeinde, welche in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 von den Verbrechertrupps der SA in Schutt und Asche gelegt wurde. Von vier großen Frankfurter Synagogen blieb nur das Gebäude im Westend erhalten und wird noch heute für Gottesdienste genutzt. Die Synagogen in der Judengasse und am Börneplatz wurden nach den Brandstiftungen in den Tagen danach ebenfalls vollständig geschleift. Die Kosten dafür stellte man zynischerweise der israelitischen Gemeinde in Rechnung. Bei den Ausschachtungsarbeiten für den Neubau der Frankfurter Stadtwerke am Börneplatz nicht weit von hier entfernt wurden 1987 neben den Fundamenten des mittelalterlichen Ghettos Judengasse und dem jüdischen Ritualbad auch die Grundmauern der Synagoge freigelegt. Trotz der massiven, zum Teil internationalen Proteste wurden die Bauarbeiten fortgesetzt und ein kleiner Teil der Häuser sowie die Mikwe in einer kleinen Depandance des Jüdischen Museums im Untergeschoss integriert. Der Grundriss der Synagoge ist heute im Boden des dahinter befindlichen Neuen Börneplatzes nachgezeichnet. Hier befindet sich auch die Gedenkstätte für die von den Nazis deportierten und ermordeten jüdischen Mitbürger Frankfurts. Auf 11134 Blöcken, welche in endlosen erschütternden Reihen in die Mauer des Alten Jüdischen Friedhofs eingelassen wurden, sind ihre Namen, Geburts- und Sterbedaten sowie die Orte der Vernichtungslager eingeprägt. Besucher des Mahnmals haben nach jüdischem Ritus auf die Grabsteine symbolisierenden Blöcke jeweils einen kleinen Kieselstein gelegt. Die alten Grabstätten auf dem angrenzenden Friedhof in der Battonnstraße sind zum Teil noch erhalten, jedoch nur nach vorheriger Anmeldung zugänglich.

•Obermainanlage
Zum Abschluss unseres Spaziergangs lädt der große Weiher in der Obermainanlage an der Grenze zum Ostend zu einer Ruhepause ein. Nach dem Passieren einer Lessingbüste bewundern wir den nördlichen Teil des Gewässers, welcher fast vollständig von dichtem Schilf bewachsen ist und inmitten der Frankfurter Innenstadt die Aura eines Sumpfgebietes versprüht. In der Mitte des größeren Teils vom Weiher schießen neun mächtige Wasserfontänen in alle Richtungen. Am Ende treffen wir auf ein Denkmal Arthur Schopenhauers. Von 1833 bis zu seinem Tod im Jahre 1860 lebte der bedeutende deutsche Philosoph als Privatgelehrter in Frankfurt und liegt auf dem Hauptfriedhof begraben. Ganz in der Nähe in einer unscheinbaren Ecke auf der Rechten Seite finden wir unerwarteterweise das Grab des Mannes, dem wir diesen Rundgang zu verdanken haben: Jacob Guiollett (1746-1815). Er beauftragte Sebastian Rinz mit der Umgestaltung der ehemaligen Bastionen in eine Parklandschaft und ist übrigens in einem Denkmal auf einer Anhöhe in der Taunusanlage verewigt. Südlich der Anlage erreichen wir wieder das Mainufer, von wo aus die neue Flößerbrücke (die alte Stahlkonstruktion fiel einem Betonneubau zum Opfer) auf das ehemalige Schlachthofgelände mit dem markanten Wohnturm „Main Plaza“ im New Yorker Klinkerfassadenstil auf Sachsenhäuser Seite stößt: Heute eines der ambitioniertesten Stadtentwicklungsprojekte. Auf Frankfurter Seite (für Auswärtige: damit ist immer das Stadtgebiet nördlich des Mains gemeint), schließt sich in östlicher Richtung das inzwischen in einen Uferpark umgestaltete Gelände der ehemaligen Weseler Werft an (siehe dazu auch meinen Beitrag „Frankfurts Antwort auf die Docklands“).

Neuer Mainuferpark auf der alten Weseler Werft
Neuer Mainuferpark auf der alten Weseler Werft

Wer zurück zum Ausgangspunkt des Rundgangs möchte, folgt einfach dem Mainufer in Richtung Westen und kann unterwegs noch solche Pflichtstationen wie den Römerberg, den Kaiserdom, der eigentlich gar keiner ist, den Eisernen Steg und das historische Museum mit der Saalhofkapelle als Anbau, dem ältesten noch erhaltenen Bauwerk auf Frankfurter Stadtgebiet (erbaut um 1208), abhaken.




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